5 Experten zu Digitalisierungsstrategien in Unternehmen auf Basis von KI und Machine Learning

August 23, 2018 by 5 Experten zu Digitalisierungsstrategien in Unternehmen auf Basis von KI und Machine Learning

Wichtigste Learnings und Trends

Mit der zunehmenden Digitalisierung steigt in den Unternehmen der wertschöpfende Anteil der IT. Es werden immer mehr Daten produziert, die gesammelt, analysiert und nutzbar gemacht werden müssen. Die zentrale Herausforderung für jedes Unternehmen im Umgang mit dieser Datenmenge ist eine Digitalisierungsstrategie. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit Machine Learning, künstlicher Intelligenz und semantischen Technologien. Fünf internationale Wirtschaftsexperten und Forscher der SEMANTiCS 2018 verraten ihr wichtigstes Learning, in welche Richtung sich die Digitalisierung in Unternehmen entwickelt und welche Trends sie kommen sehen.

Alan Morrison, Senior Research Fellow bei PwC

Alan Morrison

Wichtigstes Learning

Jede Digitalisierungsstrategie sollte beim menschlichen Faktor ansetzen. In vielen Fällen ist die größte Herausforderung nicht die Technologie, sondern das Anpassen der Organisation und der Prozesse in einer humanistischen, nachhaltigen Art und Weise. Dabei zeigt sich, dass am erfolgreichsten jene Firmen sind, die in ihren Technologieprojekten wissensbasierte Entscheidungsfindung iterativ in der Entwicklung nutzen und nicht der Herde nachlaufen. Erfolgreich sind kreative, nicht-lineare Denker, die sich die Zeit nehmen, das Problem erst in der Tiefe zu verstehen, bevor sie eine Lösung erarbeiten. Wenn sie in Schwierigkeiten geraten, überdenken sie ihre Lösungsansätze und korrigieren bzw. verfeinern sie. Sie sind agil in ihrem Denken genauso wie in ihren Handlungen. Sie bringen ihre Denkweise in die Organisationskultur ein.

Aus Unternehmenssicht

Die organisatorischen Grenzen werden durchlässiger: es gibt immer mehr Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Geschäftsfeldern. Wir erleben zudem den Aufstieg der "Gig Economy" [auftragsabhängige, kurzfristige Beschäftigungsfelder]. Freiberufler sind häufiger geworden. In manchen Fällen besteht die gesamte Organisation aus Auftragnehmern.

Ganz allgemein beobachten wir ein zunehmend fließendes Umfeld. IDC beschreibt die Online-Arbeitsumgebung als den Innovationsgraphen. Firmen müssen überdenken, wie sie sich in neuen Rollen in diesem Graphen positionieren können.

Nächster Trend

Die Zukunft gehört dynamischen, kontinuierlich wachsenden Organisationen mit fließenden Geschäftsmodellen und flexiblen Arbeitskräften, die sich den ständig verändernden Aufgaben und Herausforderungen anpassen. Um zu Agilität in Skalierungs- und Geschäftsmodellen zu gelangen, müssen Unternehmen eine Grundlage semantischer Graphen für KI legen. Ich bin ein großer Fan von semantischen Graphen als übergeordnete Datenstruktur, die alle untergeordneten Strukturen verwalten kann, weil sie eine volle Kontextdarstellung verschiedener Datentypen und maschinenlesbarer Artikulation der vielfältigen Beziehungen ermöglicht, die in jeder Organisation bestehen. Beziehung ist, was es uns ermöglicht, zu disambiguieren und den Kontext zu beschreiben. Fragen Sie nur eine soziale Medienfirma: Was ist machtvoller als ein Graph, um Kundenbeziehungen und alle Segmente und Subsegmente der Märkte, die diese Kunden bedienen, zu artikulieren und zu beschreiben?

Andreas Blumauer, Mitgründer und CEO der Semantic Web Company

Wichtigstes Learning

Damit künstliche Intelligenz in Unternehmen eine breite Akzeptanz findet, müssen zuerst die richtigen Prozesse identifiziert werden. Das können bestehende Prozesse sein, es können durch die Automatisierung aber auch gänzlich neue Prozesse entstehen. Die grundsätzliche Frage ist: Welche Prozesse können durch einen höheren Automatisierungsgrad einen spürbaren Mehrwert für Mitarbeiter und Kunden schaffen? Die Einführung datengestützter Arbeitsprozesse hängt stark von vorhandenen Fähigkeiten und Wissen im Unternehmen ab. Das ist nicht nur auf Technologie selbst beschränkt. Es bedarf einer Strategie, die unterschiedliche Aspekte umfasst. Darunter fallen z. B. auch HR-Fragen, wie Wissen rund um Automatisierung ausgebaut werden sollen. Es sind zukunftsträchtige Entscheidungen, ob ich Wissen intern selbst aufbaue, es dazu kaufe oder ganz auf Outsourcing setze. Wenn ich mich dem Thema künstliche Intelligenz schrittweise und iterativ annähere, dann habe ich die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Einführung.

Aus Unternehmenssicht

Künstliche Intelligenz hat sich in zwei Bereiche ausdifferenziert. Man unterscheidet zwischen symbolischer und statischer künstlicher Intelligenz. Das semantische Web basiert auf dem ersten Ansatz, wohingegen die meisten Machine Learning-Techniken wie Deep Learning auf dem statischen Ansatz beruhen. In den letzten Monaten beobachten wir eine interessante Entwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz. Ein dritter Ansatz ist im Entstehen, und zwar die semantische künstliche Intelligenz. Kürzlich hat ein Forschungs-Team der Free University of Amsterdam ein Paper veröffentlicht, das zeigt, was semantische künstliche Intelligenz bewirken kann. Die Idee ist, dass nicht lose Datensätze, typischerweise CSV Dateien, in die Algorithmen eingespeist werden, sondern miteinander verlinkte Datensätze, die auf einem hoch expressiven semantischen Datenmodell basieren.


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Nächster Trend

In der näheren Zukunft sehe ich nichts, was über Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Data Science hinausgeht. Diese Bereiche werden sich aber zunehmend besser ergänzen und ganzheitlicher entwickeln. Im Fokus steht der Daten-Lifecycle. Entscheidungsträger von Unternehmen werden ein Bewusstsein entwickeln müssen, dass datengetriebene Geschäftsmodelle nur dann erfolgreich umgesetzt werden können, wenn es ein professionelles Daten- und Informationsmanagement gibt. Das bedeutet, dass sich diese Fachdomäne als zentraler Prozess etablieren wird. Wer die Megatrends der Zukunft als lästige Nebentätigkeit erachtet, wird keine Chance haben, in Zukunft zu bestehen.

Elena Simperl, Professor of computer science an der University of Southampton

Wichtigstes Learning

Die Künstliche Intelligenz ist eine große Chance. Wenn wir jedoch eines aus den Diskussionen um Datenschutzverletzungen gelernt haben, dann, dass es nie zu früh ist, über mögliche Bedrohungen nachzudenken. KI ist in vielen Bereichen bereits auf dem Markt. Auch im Finanzbereich treffen Algorithmen bereits Entscheidungen. Wir müssen genau die Probleme und Implikationen untersuchen, die Technologien innerhalb des Marktes verursachen können. Die Rolle, die der Forschung dabei zukommt, ist, konkrete Belege und Empfehlungen zu liefern.

Aus Unternehmenssicht

Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und semantische Technologien ergänzen sich. Semantik gehört genauso zur KI wie maschinelles Lernen. Semantische Technologien sind von Anfang an Teil von KI. Einer der Gründe, warum KI bisher nicht so erfolgreich war, ist, dass viel investiert wurde und viel Mühe darauf verwendet wurde, die Welt in sehr komplexen Wissenssystemen zu erfassen. Mit der Technologie und den Systemen, die wir in den 60er und 70er Jahren hatten, war das unmöglich. Jetzt stehen wir vor einer ganz anderen Situation: Jeder hat Geräte und Zugang zum Internet. Es gibt das Internet der Dinge. Wir leben in einer Welt von Netzwerken und es ist viel einfacher, die Daten zu erfassen. Man kann mit wirklich leistungsfähigen wissensbasierten Systemen arbeiten, die dem Benutzer eine Interpretation des Gelernten bieten und das Wissen über ihre Umgebung nutzen, um die Ergebnisse des maschinellen Lernens zu bereichern.

Nächster Trend

In letzter Zeit richtet sich die Aufmerksamkeit auf die "Gerechtigkeit der Algorithmen". Menschen sind sich heute der Voreingenommenheit bei der Funktionsweise von Algorithmen zunehmend bewusst. Die Qualität der Daten, die zum Trainieren eines Algorithmus verwendet werden, spielt eine sehr wichtige Rolle dabei, wie diese Algorithmen funktionieren und Entscheidungen treffen. Gegenwärtig gibt es nicht genügend Daten und Beweise, um eine Lösung dafür zu finden. In diesem Bereich brauchen wir wirklich empirische Beweise, Studien und multidisziplinäre Theorien, um Algorithmen transparenter und fairer zu machen. Gleichzeitig gibt es viele andere Organisationen, die nicht über genügend Daten verfügen, um wesentliche Fortschritte beim maschinellen Lernen zu erzielen. Das Verhältnis zwischen Trainingsdaten, die in maschinellen Lernalgorithmen verwendet werden, und der Leistung dieser Algorithmen ist entscheidend.

Harald Sack, Professor for Information Services Engineering am FIZ Karlsruhe und AIFB

Wichtigstes Learning

Um den größtmöglichen Nutzen zu erzielen, müssen Daten mit anderen Daten verknüpft werden. Das wird leicht erreicht, solange Daten als offene Daten bereitgestellt werden. Auch proprietäre Daten können natürlich mit anderen Daten verknüpft werden, aber wie soll ich wissen, dass sie da sind und, dass diese von der externen Verknüpfung und Wiederverwendung profitieren würden? Dennoch sollten wir in der Forschung fordern, dass unsere Forschungsdaten offen bleiben, um die Reproduzierbarkeit unserer Forschungsergebnisse zu gewährleisten. Ansonsten wird der Forschungsfortschritt nur ein begrenzter sein.

Aus Unternehmenssicht

Einer meiner bevorzugten Anwendungsbereiche ist die explorative Suche, d.h. die Suche, bei der Sie nicht genau wissen, wohin der Suchprozess Sie führen wird. Manchmal sind Sie einfach nicht in der Lage, Ihre Suchabsicht explizit zu formulieren. Wahrscheinlich, weil Ihnen das Vokabular fehlt oder Sie kein Experte in der Domäne sind, in der Sie nach Informationen suchen. Dann müssen Sie zunächst Informationen zu Ihrem Thema sammeln, bevor Sie eine zielgenaue Suche durchführen können. Dieser Prozess kann durch intelligente Empfehlungssysteme unterstützt werden, die Ihren Anwendungsbereich erweitern und Sie durch den riesigen Suchraum auf speziellen Pfaden in Ihre bevorzugte Richtung führen. Dies ist etwas, zu dem aktuelle Suchmaschinen nicht in der Lage sind.


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Nächster Trend

"Es ist schwierig, Vorhersagen zu machen, besonders über die Zukunft", hat der Physiker Niels Bohr gesagt. Eines wird die Welt, wie wir sie heute kennen, sicherlich verändern, und das ist der Aufstieg autonomer Systeme. Ich erwarte große Fortschritte in der Synthese symbolischer Logik und (expliziter) Wissensrepräsentation in Kombination mit (impliziten) tiefen neuronalen Netzen. Diese Entwicklung wird zu autonomen Systemen führen, die lernen, während sie mit ihrer Umwelt interagieren, die verallgemeinern und sich rasch an neue, bisher unbekannte Situationen anpassen können.

Christian Dirschl, Chief Content Architect bei Wolters Kluwer Germany

Wichtigstes Learning

CIOs sehen sich mit einer Vielzahl von Herausforderungen in ihrer Rolle innerhalb ihrer Organisation konfrontiert. Sie müssen die richtigen Entscheidungen für das heutige Geschäft treffen, aber auch eine substanzielle IT-Strategie entwickeln, insbesondere hinsichtlich der Rolle, die Daten in ihrem Unternehmen spielen sollen.

Aus Unternehmenssicht

In unserem Geschäft geht es um Wissen und Daten. Ein Anwalt muss wissen, welche neuen Gesetze seine Arbeit beeinflussen und ein Arzt muss mit seinen Fähigkeiten und Kompetenzen auf dem Laufenden bleiben, um seinen Patienten optimal helfen zu können. Die Semantik ist ein kritischer Bestandteil dieser Aufgaben, da sie das Wissen, das früher in den Köpfen unserer Autoren enthalten war, in die Maschinen und Softwaretools, die unsere Kunden verwenden, einbringt. So werden durch Semantik, z. B. in Form von Wissensgraphen, professionelle KI-Systeme wie Datenanalyse oder auch einfachere Anwendungen wie effiziente professionelle Arbeitsabläufe weltweit möglich und nachhaltig.

Nächster Trend

Content und datengetriebene Technologien werden weiter an Bedeutung gewinnen, weil wir uns in rasantem Tempo auf eine globale Datenwirtschaft mit allen damit verbundenen Chancen, Herausforderungen und Risiken zubewegen. Die anstehenden Aufgaben bleiben jedoch komplex, und es ist keine "Weltformel" in Sicht, die alles abdecken könnte. Daher wird Technologie einerseits immer mehr Aufgaben adressieren und andererseits werden Fragen rund um Cybersicherheit, Ethik und gesellschaftliche Wirkung im Zentrum unserer Diskussionen und Entscheidungen stehen. Wir als Gesellschaft müssen entscheiden, was für unsere Zukunft akzeptabel ist und was nicht.

SEMANTiCS 2018:

Gegründet im Jahr 2005 thematisiert die SEMANTiCS-Konferenz aktuelle Entwicklungen und Perspektiven des Einsatzes semantischer Systeme. Dabei handelt es sich um Technologien zur automatischen Verarbeitung von Bedeutung, eine wichtige Grundlage für künstliche Intelligenz und smarte Systeme. Die Konferenz spricht EntscheiderInnen aus Industrie und Verwaltung sowie EntwicklerInnen, ForscherInnen und IT-BeraterInnen an.

Die diesjährige Veranstaltung vom 10.-13.09.2018 wird gemeinschaftlich organisiert durch die Semantic Web Company, die Technische Universität Wien, die Universität Leipzig, die Freie Universität Amsterdam und die Fachhochschule St. Pölten.

http://www.semantics.cc

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